Intrakamerale Antibiotikagabe nach Cataract-OP: Vorteile und Risiken

  • Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lag die Endopthalmitisrate nach Cataract-OP noch bei 10% (ECCE).
  • In den 1980er bis 1990er Jahren reduzierte sich diese Rate in Europa auf 0.12%, in den USA auf 0.072%.
  • Eine einzige prospektiv randomisierte Studie zu dem Thema wurde 2007 veröffentlicht: sie ergab bei intrakameraler Gabe von 1mg Cefuroxime ein 5-fach reduziertes Risiko, eine postoperative Endophthalmitis zu entwickeln *
  • 2013 wurde Aprokam, als erstes Antibiotikum für den intrakameralen Gebrauch in Europa zugelassen
  • in den USA ist von der FDA bis dato kein intrakamerales Antibiotikum zugelassen worden: off-label Gebrauch von Flouroquinolonen der 4. Generation wie Moxifloxacin oder Vancomycin sind üblich
  • TASS (toxic anterior segment syndrome) als Sorgenkind nach intrakameraler Antibiotikagabe. Ursache: Toxizität des Medikamentes selbst, des Konservierungsmittels, der ph-Änderung oder der Osmolalität?
  • HORV (hemorrhagic occlusive retinal vasculitis) nach intrakameraler Gabe von Vancomycin als neues Syndrom beschrieben – angesichts dessen wurde von der ASCRS und der American Retinal Society eine “Task force” eingesetzt. HORV Fälle können über die Webseite der ASCRS gemeldet werden.

J Cataract Refract Surg. 2016 Nov;42(11):1547-1548, Intraocular antibiotics during cataract surgery: Risks and benefits, Srinivasan S
*ESCRS Endophthalmitis Study Group. Prophylaxis of postoperative endophthalmitis following cataract surgery: results of the ESCRS multicenter study and identification of risk factors. J Cataract Refract Surg 2007; 33:978–988

Risikofaktoren für eine Netzhautablösung bei hinterer Kapselruptur im Rahmen einer Cataract-OP

  • Daten von 18.065 Patienten aus England nach Cat-OP wurden auf das Risiko einer postoperativen Netzhautablösung gescreent
  • Das Allgemeinrisiko betrug 0.3% über 7 Jahre (durchschnittlich 15 Monate nach OP bei einer Spannweite von 0-84 Monaten),
  • Das Risiko war 5-fach erhöht für Patienten unter 60 Jahren, 4-fach erhöht bei Patienten mit einer Achsenlänge des Bulbus > 25mm und 13-fach erhöht bei hinterer Kapselruptur mit Glaskörperverlust
  • Eine Ruptur der hinteren Kapsel ohne Glaskörperverlust erhöhte das Risiko für eine Netzhautablösung nicht

Risk factors for retinal detachment following cataract surgery: the impact of posterior capsular rupture, Vasileios Petousis, Ahmed A Sallam, Richard J Haynes, C K Patel, Ajai K Tyagi, James N Kirkpatrick, Robert L Johnston, Br J Ophthalmol2016;100:11 1461-1465

Prophylaktische Gabe von NSAID nach Cataract-OP zur Vermeidung eines Makulaödems sinnvoll?

  • 34 Studien wurde von Cochrane Forschern zu dieser Frage analysiert (in 28 dieser Studien wurden Steroide mit NSAID vs Steroide allein verglichen, in 6 dieser Studien: NSAID vs Steroid)
  • Es gibt keine starke Evidenz, dass postoperativ verabreichte NSAID, die Entwicklung eines Makulaödems verhindern können
  • Zukünftige Studien sollten sich der unbeantworteten Frage widmen, ob eine prophylaktische Gabe von NSAID Makulaödeme verhindern kann

Cochrane Database of Systematic Reviews, Lim BX, Lim CHL, Lim DK, Evans JR, Bunce C, Wormald R.,Prophylactic non-steroidal anti-inflammatory drugs for the prevention of macular oedema after cataract surgery. Cochrane Database of Systematic Reviews 2016

Real-life Daten zur Behandlung des diabetischen Makulaödems mit Steroid-Implantat

  • Retrospektive, Single-Center Studie ohne Kontrollgruppe mit 128 Augen (89 Patienten) bei 36 Monaten Beobachtungszeit
  • Durchschnittliche DME Dauer: 25 Monate/ durchschnittliche Baseline- Sehschärfe: 50 Buchstaben (20/100)
  • Durchschnittlich 3.6 Inj. über 3 Jahre
  • Visusanstieg >10 Buchstaben nach 24 bzw. 36 Monaten: 40 bzw. 51%
  • Visusanstieg >15 Buchstaben nach 24 bzw. 36 Monaten: 26.1 bzw. 25.4%
  • 47% der phaken Augen benötigten eine Cataract-OP
  • 10% entwickelten eine vorübergehende okuläre Hypertension >25 mmHG (mit lokaler Therapie kontrollierbar)

Real-life study in diabetic macular edema treated with dexamethasone implant: the Reldex Study, Malclès A, Dot C, Voirin N, Agard É, Vié AL, Bellocq D, Denis P, Kodjikian L., Retina 0:1-8, 2016

10-Jahres Ergebnisse nach topischer Gabe von Ciclosporin bei schweren Symptomen eines trockenen Auges

  • Kleine retrospektive, Single-Center Studie bei 26 Patienten (85% mit Sjögren-Syndrom-assoziiertem Dry-Eye-Syndrom) mit Follow-up über 10 Jahre
  • Durch den immunmodulatorischen Effekt blockiert topisches Cyclosporin (t-CSA) die T-Zell-Aktivierung und verhindert so die Synthese bestimmter proinflammatorischer Zytokine. In Folge dessen kommt es zu einer Reduktion der lokalen Entzündungsaktivität und zur Wiederherstellung der Oberflächenintegrität im Auge mit vermehrter Tränenproduktion
  • Durchschnittliche Behandlungsdauer mit t-CSA 2 x tgl. über 23 Monate gefolgt von einer durchschnittlichen Zeitspanne von 24 (11-53) Monate ohne tCSA
  • Die Behandlung mit tCSA reduzierte die klinischen Zeichen der KCS und ging bei einem guten Sicherheitsprofil auf lange Sicht mit einer Verbesserung der subjektiven Situation der Patienten und einem geringeren Bedarf an Tränenersatzmitteln einher

Br J Ophthalmol. 2016 Jan 28, Long-term outcome after topical ciclosporin in severe dry eye disease with a 10-year follow-up, Straub M, Bron AM, Muselier-Mathieu A, Creuzot-Garcher C, Br J Ophthalmol. 2016 Jan 28

Wilder Westen? Antikoagulation bei ophthalmochirurgischen Eingriffen

  • In der Ophthalmologie gibt es zu diesem Thema nur wenige Daten aus prospektiven Registern und randomisierten Studien
  • Für Cataract-Ops und IVOM gilt als Konsens: bei Oberflächenanästhesie keine grundsätzliche Umstellung notwendig
  • Außer für IVOM existieren keine einheitlichen Richtlinien und
  • Bei TE: Berücksichtigung sowohl des OP-Risikos als auch des Blutungsrisikos ist individuell abzuwägen, auch für Vitrektomien existieren keine evidenz-basierten Daten

Thrombozytenaggregationshemmer und Anti-Koagulantien bei augenchirurgischen Eingriffen, N.Feltgen et al, Ophthalmologe 2016, 113:1010-1022

Es gibt keine Iod-Allergie

  • Eine echte allergische Typ-1-Immunreaktion auf Iod ist nicht möglich
  • Nicht-allergische Unverträglichkeiten von Povidon-IOD und Kontaktallergien gegen Povidon führen nicht zu einer Anaphylaxie
  • Allergische Reaktionen auf Povidon-Iod, Röntgenkontrastmittel, ICG oder Fisch/Meeresfrüchte richten sich nicht gegen das enthaltene Iod, sondern gegen die jeweilige Grundsubstanz, sodass Kreuzreaktionen zwischen diesen Substanzgruppen nicht zu befürchten sind

Iodallergie, T.U. Krohne et al, Ophthalmologe 2016, 113:1023-1028

Kaiserschnitt bei Augenerkrankungen?

  • Es fehlen einheitliche Richtlinien zum Geburtsmodus bei Augenerkrankungen
  • Es gibt keine evidenzbasierten Daten, die eine allgemeine Empfehlung zum Kaiserschnitt bei proliferativer diabetischer Retinopathie, Glaukom Erkrankung, Myopie und Z.n. Netzhauterkrankung rechtfertigen

A.G.M. Jünemann et al., Einfluss des Geburtsmodus auf vorbestehende Augenerkrankungen, Ophthalmologe 2012 · 109:229–234

Ophthalmika in Schwangerschaft und Stillzeit?

  • Eine Beratung für die Medikamentengabe in der Schwangerschaft wird von den Pharmakovigilanz-Zentren (http://www.reprotox.de und http:// www.embryotox.de) angeboten.
  • Prinzipiell keine Bedenken bestehen gegen Ophtalmika als lokale Therapeutika bei: Tropicamid, Atropin, Scopolamin, Lokalanästhetika, β-Blocker (v. a. Timolol), Ofloxacin, Aminoglykosiden, Erythromycin, Aciclovir

T.Ness, W. Paulus, Ophthalmika während Schwangerschaft und Stillzeit, Ophthalmologe 2012 · 109:221–228

Sind kurzsichtige Menschen intelligenter?

  • Die Autoren kamen in dieser Studie zu folgendem Schluss: Isoliert betrachtet gibt es eine strenge Korrelation zwischen kognitiver Leistungsfähigkeit und Kurzsichtigkeit, aber bei genauer Betrachtung stellte sich heraus, dass die Anzahl der Ausbildungsjahre eine engere Beziehung zur Myopie als zur kognitiven Leistungsfähigkeit aufweist.
  • D.h. die Beziehung zwischen Myopie und kognitiver Leistungsfähigkeit ist eng mit der Anzahl der Ausbildungsjahre verknüpft.

Invest Ophthalmol Vis Sci. 2016 Oct 1;57(13):5230-5236. doi: 10.1167/iovs.16-19507.,Myopia and Cognitive Performance: Results From the Gutenberg Health Study. Mirshahi A, Ponto KA, Laubert-Reh D, Rahm B, Lackner KJ, Binder H, Pfeiffer N, Unterrainer JM

Analyse des DRCRN Protocol I: kurz- und langfristige Erfolge mit anti-VEGF-Therapie bei diabetischem Makulaödem

  • Studiendesign: Post-hoc Analyse des DRCRN Protocol I (Ranibizumab plus späterer oder sofortiger Lasertherapie bei diabetischem Makulaödem)
  • Fragestellung und Ziel dieser Studie: Bleibt eine frühe Verbesserung der Sehkraft bei Therapie mit Ranibizumab (+ früher oder später Lasertherapie) bei diabetischen Makulaödem stabil?

Ergebnisse:

  • nach 12 Wochen Therapie zeigten jeweils ca. 40 % der 340 Augen suboptimale (< 5 Buchstaben) und betont gute Reaktion (>10 Buchstaben).
  • Augen mit suboptimalem initialem Visusanstieg zeigten eine schlechtere Langzeitprognose bzgl. der Sehkraft als Augen mit gutem, frühen Ansprechen. (Durchschnittliche Verbesserung in Buchstaben 3,0 vs. 13,8 nach 3 Jahren)
  • Ein frühes schlechtes Ansprechen schließt jedoch eine spätere Visuserholung nicht aus (30% mit Visusanstieg < 5 Buchstaben nach 12 Wochen erreichten >10 Buchstaben Visusanstieg nach 3 Jahren (12% der Gesamtpopulation))
  • Diese Studie gibt keine prognostisch verwertbaren Hinweise, mit der “Langzeitresponder”, die initial schlecht auf die Therapie ansprechen, identifiziert werden könnten
  • Sie bietet ein best-case-scenario: 12 Augenarztbesuche/Jahr bei durchschnittlich 9 Injektionen! Wie sieht es in der Realität aus? Sicher nicht besser!
  • Schwachpunkt der Studie: die Dauer des DMÖ ist nicht berücksichtigt

Zusammenfassung:

  • Gesamtstudienpopulation: ein frühes Ansprechen durch Visusanstieg ist signifikant mit der Langzeitvisusprognose in der Gruppe Ranibizumab + früher oder später Lasertherapie assoziiert.
  • Nur bei 20-30% derer, die initial schlecht ansprechen, kann man bei Fortführung der Therapie mit einem weiteren klinisch signifikanten Visusanstieg rechnen.

Schlussfolgerung:

  • Dies wirft die Frage nach einer Therapieanpassung bzw. nach einer Rescue-Therapie für die Gruppe, bei der mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eine insuffiziente Reaktion auf das initiierte Therapieschema zu rechnen ist, auf: zusätzliche Therapie ohne anti-VEGF, Wechsel auf andere anti-VEGF-Agenzien, weiterer Laser oder ein Langzeit-Steroid? Die Studie gibt darauf keine Antwort.

Victor H. Gonzalez, Joanna Campbell, Nancy M. Holekamp, Szila ́ Rd Kiss, Anat Loewenstein, Albert J. Augustin, Julia Ma, Allen C. Ho, Vaishali Patel, Scott M. Whitcup, And Pravin U. Dugel http://dx.doi.org/10.1016/j.ajo.2016.09.012

Metaanalyse zum Komplikationsrisiko bei Phakoemulsifikation bei PEX

  • 22 Studien aus peer-reviewed Magazinen wurden untersucht
  • Das Risiko einer hinteren Kapselruptur wurde statistisch auf über 10% beziffert

Intraoperative complications of phacoemulsification in pseudoexfoliation: Metaanalysis
Pedro Vazquez-Ferreiro, MD, Francisco J. Carrera-Huseo, PhD, Jaime E. Poquet Jet, PhD, Narjis Fikri-Benbrahim, PhD, Marta Diaz-Rey, MD, Rafael Sanjuan-Cerveró, MD
http://dx.doi.org/10.1016/j.jcrs.2016.09.010

Welchen Einfluss hat die frühe Zufütterung von potentiell allergenen Lebensmitteln an Babys auf die spätere Entwicklung von Lebensmittelallergien?

  • In dieser bisher umfangreichsten Metaanalyse (Daten von 200,000 Kindern aus 146 Studien) wurde die Frage untersucht, welchen Effekt die frühe Zufütterung potentiell allergener Lebensmittel an Babys bzgl. der Entwicklung von Lebensmittelallergien hat.
  • Das Studienteam konnte kein erhöhtes Risiko für Allergieentwicklung bei früher Einführung von Lebensmitteln wie Erdnüssen, Eiern, Milch, Fisch oder Getreide errechnen
  • Die Ergebnisse legen sogar nahe, dass die frühe Einführung von Ei in die Nahrung von Babys zwischen dem dem 4. und 6. Lebensmonat, das Risiko einer Ei-Allergie reduziert. Dieser Effekt konnte jedoch nicht für Milch, Fisch (inclusive Schalentiere), Nüsse und Weizen festgestellt werden.

Despo Ierodiakonou et al. Timing of Allergenic Food Introduction to the Infant Diet and Risk of Allergic or Autoimmune Disease, A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA, 2016 DOI: 10.1001/jama.2016.12623

Welche Risikofaktoren für einen progredienten Gesichtsfeldverlust konnten mit FD-OCT in der Advanced Imaging for Glaucoma Study extrapoliert werden?

  • Multizentrische Kohorten-Studie mit 288 Studienaugen
  • 30% der Studienaugen zeigten unter drucksenkender Therapie über einen Zeitraum von 3,7 ± 2,1 Jahren einen progredienten GF-Verlust
  • Folgende 2 Basis-Parameter im FD-OCT konnten als Werte mit prädiktivem Wert bzgl. fortschreitender GF-Ausfälle ermittelt werden: NFL-FLV (nerve fibre layer -focal loss volume), GCC-FLV (ganglion cell complex- focal loss volume.“
  • Auffällige GCC-FLV bei der Basisuntersuchung erhöhten das Risiko einer GF-Verschlechterung signifikant (hazard ratio 3,1)
  • Parameter des Sehnervens zeigten als prädiktiver Wert keine statistisch auffällige Korrelation.

Am J Ophthalmol 2016; 172:94–103, Baseline Fourier-Domain Optical Coherence Tomography Structural Risk Factors For Visual Field Progression In The Advanced Imaging For Glaucoma Study, Xinbo Zhang, Anna Dastiridou, Brian A. Francis, Ou Tan, Rohit Varma, David S. Greenfield, Joel S. Schuman, Mitra Sehi, Vikas Chopra, and David Huang, on behalf of the Advanced Imaging For Glaucoma Study Group