Ist bei Patienten mit einem Zentralarterienverschluss eine dringende neurologische Abklärung notwendig?

Da eine Embolie als häufigste Ursache gilt, die zum Verschluss einer Netzhautarterie führt, ist die sofortige Abklärung und Behandlung der Emboliequelle für die adäquate Versorgung dieser Patienten entscheidend, um weitere Entwicklungen zu verhindern. Dabei gibt es keine einhellige Meinung, ob Patienten mit einem Zentralarterien- oder Arterienastverschluss eine weitergreifende, sofortige neurologische Bewertung zum Ausschluss eines ischämischen Schlaganfalls erhalten sollten oder nicht. Der Autor stellt fest, dass bei der Einschätzung des Risikos für einen ischämischen Schlaganfall Patienten mit einen Netzhautgefäßverschluss, einer transienten ischämischen Attacke (TIA) oder einer Amaurosis fugax in einen Topf geworfen werden, obwohl es sich um drei unterschiedliche Entitäten handelt. Darüber hinaus gibt es zwei Ursachen des Zentralarterienverschlusses (ZAV): arteriitisch und nicht arteriitisch. Studien des Autors haben gezeigt, dass nur der nicht-arteriitische ZAV normalerweise embolisch ist und somit das Hauptrisiko eines ischämischen Schlaganfalls in sich birgt. Darüber hinaus ist eine TIA nicht das Gleiche wie eine Amaurosis Fugax, da eine TIA auf vorübergehende zerebrale Ischämie zurückzuführen ist, während Amaurosis Fugax ein auf das Auge begrenzte Phänomen beschreibt (Anm. VSE: das ist wohl wahr, aber weder sprachlich für die Patienten, noch anamnestisch immer eindeutig differenzierbar).

Gemäß dem Autor ist die logische, unmittelbar angezeigte Maßnahme zur Abklärung von Patienten mit retinalem Arterienverschluss: die Untersuchung der Carotis und des Herzens auf eine Emboliequelle, die Messung des Nüchtern-Lipidspiegel und ein großes Blutbild, nicht aber eine neurologische, umfassende Bewertung – natürlich mit der Ausnahme, wenn neurologische Symptome vorliegen.


Hayreh SS, Am J Ophthalmol. 2018 Dec;196:53-56