Beginnt diabetische Kataraktogenese schon vor der Blutzuckererhöhung?

Derzeit gilt allgemein ein erhöhter Blutzuckerwert als Ursache für die diabetische Kataraktogenese.
In einem Tiermodell mit der Nilgrasratte, die spontan einen Typ-2 Diabetes entwickelt, beobachteten die Autoren die Katarakt-Entwicklung. Die Tiere waren normoglykämisch, jedoch war der orale Glukose-Toleranztest bereits auffällig, was auf ein prädiabetisches Stadium hinweist. Mittels spezialisierter Stereomikroskopie konnten hyperreflektierende, punktförmige Mikroläsionen erstmals in den inneren kortikalen Regionen der Linse, noch vor einer messbaren Hyperglykämie, bei 50 % der Tiere beschrieben werden.

Diese Mikroläsionen wurden von einer signifikanten Migration von Immunzellen vom Ziliarkörper zur Linse begleitet, wie in der In-situ-Mikroskopietechnik gezeigt werden konnte. Immunzellen hafteten an der Linsenoberfläche, einige durchquerten die Linsenkapsel und setzten sich mit apoptotischen Kernen der Linsenepithelzellen neu zusammen. Extrazelluläre Degradationen, Ansammlungen von amorphem Material und Veränderungen der E-Cadherin-Expression zeigten eine epithelial-mesenchymale Transformation in den Epithelzellen der Linse. Anschließend dehnten sich Linsenfaserzerfall und die Kataraktprogression auf kortikale, posteriore und anteriore subkapsuläre Linsenareale aus, was der Morphologie der diabetischen Katarakt entspricht.

Der in dieser Studie belegte Beginn der Kataraktogenese vor der Hyperglykämie stellt das vorherrschende Paradigma infrage, ob erst erhöhte Glucosewerte für die Initiierung der Pathogenese verantwortlich sind. Vielmehr scheint die Migration von Immunzellen zur Linse und eine epithelial-mesenchymale Transformation von Linsenepithelzellen noch vor einer diabetischen Gesamtstoffwechsellage zu beginnen.

Aus diesen Erkenntnissen könnten neue Konzepte zur Früherkennung, Prävention und Entwicklung neuer Behandlungsstrategien bei Patienten mit Diabetes-Risiko und Diabetes in Erwägung gezogen werden.

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Ranaei Pirmardan E, Zhang Y, Barakat A, Naseri M, Russmann C, Hafezi-Moghadam A. Pre-hyperglycemia immune cell trafficking underlies subclinical diabetic cataractogenesis. J Biomed Sci. 2023 Jan 24;30(1):6.

Meta-Analyse: SMILE versus LASIK bei Astigmatismuskorrektur

Die Autoren führten ein systematisches Review mit Metaanalyse durch, um Therapiemethoden zur operativen Astigmatismuskorrektur bei SMILE und LASIK zu vergleichen:
Insgesamt wurden 17 Studien (fünf randomisierte Studien und zwölf Kohortenstudien) mit 1.985 Augen für die Auswertung eingeschlossen.
Verglichen wurden die Veränderungen der Sehschärfe, Refraktion und Aberrationen höherer Ordnung.
Die Ergebnisse der Astigmatismuskorrektur in der Gruppe mit niedrigem bis mittlerem (weniger als oder gleich -2,00 dpt) Astigmatismus und der Gruppe mit hohem Astigmatismus (über -2,00 dpt) wurden mithilfe der Vektoranalyse bewertet.
Bei der Korrektur von niedrigem bis mittlerem Astigmatismus wies SMILE einen kleineren Korrekturindex (MD -0,08; 95 % KI -0,13 bis -0,02; p = 0,008) und einen größeren Differenzvektor (MD 0,18; 95 % KI 0,09 bis 0,27; p < 0,0001) auf als LASIK.

Außer der sphärischen Aberration in der LASIK-Gruppe, gab es keine signifikanten Unterschiede bei Aberrationen höherer Ordnung, sowie bezüglich Sehschärfe und Refraktion.

Sowohl SMILE als auch LASIK sind bei der Behandlung von Astigmatismus effektive Methoden und liefern vorhersagbare Ergebnisse. Im Allgemeinen zeigen sie ein gleichwertiges Outcome. Es zeigten sich jedoch Hinweise auf eine Tendenz zur Unterkorrektur des Astigmatismus in den SMILE-Gruppen, während LASIK eine größere Wahrscheinlichkeit aufwies, eine postoperative sphärische Aberration zu verursachen.

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Song J, Cao H, Chen X, Zhao X, Zhang J, Wu G, Wang Y. Small Incision Lenticule Extraction (SMILE) Versus Laser Assisted Stromal In Situ Keratomileusis (LASIK) for Astigmatism Corrections: A Systematic Review and Meta-analysis. Am J Ophthalmol. 2023 Mar;247:181-199. doi: 10.1016/j.ajo.2022.11.013. Epub 2022 Nov 19. PMID: 36410469.

Lecanemab – Ein neuer Wirkstoff zur Behandlung des Morbus Alzheimer?

Die Anhäufung von Amyloid-beta im Gehirn scheint den pathologischen Prozess bei der Entstehung der Alzheimerschen Erkrankung zu initiieren oder zu fördern. Lecanemab ist ein IgG1 monoklonaler Antikörper, der sich mit hoher Affinität an lösliche Amyloid-beta Protofibrillen bindet. Der Wirkstoff agiert somit auf Grundlage einer passiven Immunisierung.

In einer multizentrischen, doppelt verblindeten Phase-3-Studie wurden 1795 Patienten zwischen 50 und 90 Jahren eingeschlossen, die milde Alzheimer Symptome zeigten und bei denen entweder in einer Positronen-Emissions-Tomografie oder durch Liquorentnahme Amyloid festgestellt werden konnte. Jeweils eine Behandlungsgruppe erhielt über 18 Monate alle 2 Wochen Lecanemab intravenös oder ein Placebo.

Untersucht wurden dann als primärer Endpunkt nach 18 Monaten der „Clinical Dementia Rating-Sum of Boxes (CDR)“, bei dem die Daten aus Informanten- und Patienteninterviews ermittelt werden. Sechs Bereiche werden zur Erstellung des CDR-Gesamtwerts verwendet: Gedächtnis, Orientierung, Urteilsvermögen und Problemlösung, Gemeinschaftsangelegenheiten, Haushalt, Hobbys sowie Körperpflege.
Wichtige sekundäre Endpunkte waren: die Veränderung der Amyloid-Belastung beim PET, die Punktzahl auf der 14 Punkte umfassenden kognitiven Subskala des Alzheimer’s Disease Assessment Scale (ADAS-cog14) und der ADCS-ADL bewertet die Kompetenz von Patienten mit Alzheimer-Krankheit bei alltäglichen Aktivitäten. Er kann von einer Pflegekraft im Fragebogenformat ausgefüllt oder von einem Kliniker/Forscher in Form eines strukturierten Interviews mit einer Pflegekraft durchgeführt werden.

Lecanemab reduzierte die Amyloid-Marker bei der frühen Alzheimer-Krankheit und führte nach 18 Monaten zu einer mäßig geringeren Verschlechterung der Kognition und Funktion in der Behandlungsgruppe-Gabe.
Sie belief sich in dieser Phase-3-Studie auf 27 Prozent nach 18 Monaten, was als milde Reaktion eingestuft wurde.

Die Studie brachte kein eindeutiges Ergebnis, wie stark dieser Effekt für Betroffene im Alltag bezüglich ihrer kognitiven Fähigkeiten einzuschätzen ist.
Ob die US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA den Zulassungsantrag in einem beschleunigten Verfahren prüfen wird, entscheidet sich bis Januar 2023. Die Hersteller streben auch in Europa ein beschleunigtes Zulassungsverfahren an. Bis der Wirkstoff in Europa auf den Markt kommen könnte, wird aber voraussichtlich noch ein Jahr vergehen.

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Quelle:
van Dyck CH, Swanson CJ, Aisen P, Bateman RJ, Chen C, Gee M, Kanekiyo M, Li D, Reyderman L, Cohen S, Froelich L, Katayama S, Sabbagh M, Vellas B, Watson D, Dhadda S, Irizarry M, Kramer LD, Iwatsubo T. Lecanemab in Early Alzheimer’s Disease. N Engl J Med. 2022 Nov 29. doi: 10.1056/NEJMoa2212948. Epub ahead of print. PMID: 36449413.

Anti-CD19-CAR-T-Zelltherapie therapie-refraktärem bei SLE mit einmaliger Dosis hochwirksam

Systemischer Lupus erythematodes (SLE) ist eine lebensbedrohliche Autoimmunerkrankung, die durch adaptive Aktivierung des Immunsystems, Bildung von doppelsträngigen DNA-Autoantikörpern und Organentzündung, auch mit schweren Verläufen am Auge gekennzeichnet ist.

Fünf junge Patienten mit SLE (vier Frauen und ein Mann) mit einer Krankheitsdauer von 4 bis 8 Jahren und aktiver Erkrankung wurden in diese kleine Studie eingeschlossen.
Alle 5 Studienteilnehmer, die auf immunsuppressive Therapien nicht (mehr) gut ansprachen, wurden in ein Compassionate-Use-Programm für chimäre Antigenrezeptoren (CAR) T-Zellen aufgenommen.

Autologe T-Zellen von Patienten mit SLE wurden mit einem lentiviralen Anti-CD19-CAR-Vektor transduziert, expandiert und in einer Dosis von 1 × 106 CAR-T-Zellen pro kg Körpergewicht in die Patienten, nachdem die T-Zellen mit Fludarabin und Cyclophosphamid massiv reduziert wurden (Lymphdepletion), einmalig reinfundiert.
In vivo vermehrte CAR-T-Zellen führten zu einem erheblichen Schwund von B-Zellen, einer Verbesserung der klinischen Symptome und einer Normalisierung der Laborparameter, einschließlich der Serokonversion von Anti-Doppelstrang-DNA-Antikörpern. Eine Remission des SLE gemäß den DORIS-Kriterien wurde bei allen fünf Patienten nach drei Monaten erreicht.

Eine arzneimittelfreie Remission wurde während einer Nachbeobachtungszeit von bis zu 12 Monaten nach Verabreichung von CAR-T-Zellen beobachtet. Wieder auftauchende B-Zellen waren naiv und zeigten keine B-Zell-Rezeptoren. Die Behandlung mit CAR-T-Zellen wurde mit einem leichten Zytokin-Freisetzungs-Syndrom gut vertragen.

Diese Daten deuten darauf hin, dass der CD19-CAR-T-Zelltransfer bei SLE durchführbar, tolerierbar und hochwirksam ist.

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Quellen:
Mackensen, A., Müller, F., Mougiakakos, D. et al. Anti-CD19 CAR T cell therapy for refractory systemic lupus erythematosus. Nat Med 28, 2124–2132 (2022).
https://doi.org/10.1038/s41591-022-02017-5

Die schnelle Kampimetrie: neues Screening-Tool zur Glaukomerkennung?

Eine der wichtigsten Funktionen der Netzhaut – die Wahrnehmung schneller Bewegungen – wird in der standardmäßigen automatisierten Perimetrie (SAP) und der kinetischen Perimetrie (Goldmann) aufgrund von Zeitlupe und geringem Kontrast zwischen Testpunkten und Umgebung weitgehend vernachlässigt.
Die schnelle Kampimetrie integriert schnelle Bewegung (=10°/4,7 s bei 40 cm Abstand Patient-Monitor) und hohen Kontrast in die Gesichtsfelduntersuchung (VF), um die Erkennung absoluter Skotome zu erleichtern.
Ein heller Testpunkt bewegt sich auf dunklem Hintergrund durch das zentrale 10°-Gesichtsfeld. Je nach Abstand zum Fixpunkt ändert der Testpunkt automatisch seinen Durchmesser (≈0,16° bis ≈0,39°). Diese Methode wurde bei sechs Glaukompatienten mit der SAP (10-2-Programm) verglichen.

Die schnelle Kampimetrie erwies sich als vergleichbar und möglicherweise besser bei der Identifizierung von bogenförmigen Skotomen der Makula.

Bei vier Probanden wurde ein dem Nervenfaserverlauf entsprechendes schmales, bogenförmiges absolutes Skotom nachgewiesen, welches in der SAP nicht dargestellt werden konnte.

Diese Proof-of-Concept-Studie motiviert zum systematischen Testen der Methode in einer größeren Kohorte, da sie als Screening-Verfahren in weniger als einer Minute absolute Skotome im zentralen 10°-Gesichtsfeld nachweisen könnte. Diese Eigenschaften bergen ein großes Potenzial für Cloud-Technologien und telemedizinische Anwendungen.

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Quelle:
Müller F, Al-Nosairy KO, Kramer FH, Meltendorf C, Djouoma N, Thieme H, Hoffmann MB, Hoffmann F. Rapid Campimetry-A Novel Screening Method for Glaucoma Diagnosis. J Clin Med. 2022 Apr 12;11(8):2156. doi: 10.3390/jcm11082156. PMID: 35456248; PMCID: PMC9031552.

Intravitreale Injektionen für die Geografische Atrophie (GA) bei AMD

Pegcetacoplan ist eine gezielte C3-Therapie zur Regulierung einer übermäßigen Aktivierung der Komplementkaskade, die zum Ausbruch und Fortschreiten vieler schwerer Krankheiten führen kann. Auch die Entwicklung der geografischen Atrophie bei Makuladegeneration wird einer fehlgeleiteten Aktivierung des Komplementsystems zugeschrieben.

DERBY (n=621) und OAKS (n=637) sind multizentrische, randomisierte, doppelblinde, Placebo-kontrollierte Studien der Phase 3, in denen die Wirksamkeit und Sicherheit von Pegcetacoplan mit Scheininjektionen bei einer breiten und repräsentativen Population von Patienten mit geografischer Atrophie verglichen werden. Das primäre Ziel der Studien ist die Bewertung der Wirksamkeit von Pegcetacoplan bei Patienten mit GA, bewertet anhand der Veränderung der Gesamtfläche der GA-Läsionen gegenüber dem Ausgangswert, gemessen anhand der Fundus-Autofluoreszenz (p-Wert kleiner als 0,05) nach 12 Monaten.

Die 14-Monats-Daten zeigten eine zunehmende und konsistente Wirksamkeit bei zwei-monatlicher und monatlicher Behandlung mit Pegcetacoplan und ein gutes Sicherheitsprofil in beiden Studien.

Pegcetacoplan wurde von der U.S. Food and Drug Administration (FDA) der Fast-Track-Status für die Behandlung der geografischen Atrophie zuerkannt.

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Quellen:
https://www.medscape.com/viewarticle/981813#vp_1
https://investors.apellis.com/news-releases/news-release-details/apellis-announces-plans-submit-24-month-phase-3-data-fda

Künstliche Netzhaut aus dem Weltall

Das in den USA stationierte Unternehmen LambdaVision verwendet ein lichtaktives Protein namens „Bacteriorhodopsin“, um eine künstliche Netzhaut herzustellen. Schon in den 90er Jahren wurden erste Studien dazu veröffentlicht. Bacteriorhodopsin wird von Halobacterium salinarum synthetisiert, einem Mikroorganismus, der mit zu den ältesten Lebensformen auf der Erde gehört. Bacteriorhodopsin hat einige Ähnlichkeiten mit Rhodopsin. Beide Proteine enthalten Retinal, ein Chromophor als Schlüssel zur Absorption von Lichtenergie.

Bei Bacteriorhodopsin wird Lichtenergie in Stoffwechselenergie umgewandelt. Wenn Licht Bacteriorhodopsin aktiviert, werden Wasserstoffionen durch eine Membran gepumpt und erzeugen einen Protonengradienten, der eine Reaktion auslösen kann. In der künstlichen Netzhaut von LambdaVision wird gereinigtes Bacteriorhodopsin auf eine Ionen-durchlässige Membran geschichtet. Schicht um Schicht wird aufgetragen, um genügend Licht zu absorbieren und einen Ionengradienten zu erzeugen, der die neuronalen Schaltkreise der bipolaren und retinalen Ganglienzellen in der Netzhaut stimulieren kann. Jede der künstlichen Netzhäute enthält 200 Proteinschichten auf einer Netzmembran.

Je glatter diese Schichten sind, desto besser funktioniert das Implantat, aber die Schwerkraft auf der Erde steht dieser idealen Formbildung entgegen.

Deshalb beschloss LambdaVision, die Machbarkeit der Herstellung seiner perfekt glatten künstlichen Netzhaut im Weltraum zu untersuchen, in der Hoffnung, dass es in der Schwerelosigkeit ermöglicht werden könnte. In Kooperation mit Space Tango, einem weltraumgestützten Forschungsunternehmen, entwarfen sie automatisierte CubeLabs, kleine fernsteuerbare Mikrolabore, um die Experimente mit Eingaben von der Erde nahezu in Echtzeit durchführen zu können. Die NASA hat das Forschungsprojekt mit fünf Millionen US-Dollar unterstützt und schickte 2018 ein erstes CubeLab zur Internationalen Raumstation (ISS), gefolgt von vier weiteren Experimenten.

Nach Rückkehr des fünften CubeLabs zur Erde zeigten erste Analysen einen Erfolg: die 200-Schichten-Netzhäute sind im Inneren regelmäßiger als die, die auf der Erde in der Schwerkraft gebildet werden konnten. Drei weitere CubeLabs sollen innerhalb des nächsten Jahres auf der ISS eintreffen. LambaVision hofft, seine künstliche Netzhaut bis 2024 für Experimente mit Patienten mit fortgeschrittener Retinitis pigmentosa zur Verfügung stellen zu können. Bei positiven Ergebnissen sollen weitere Studien zur Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration folgen.

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Quellen:
https://www.gamingdeputy.com/gr/im-weltraum-hergestellte-netzhaut-kann-blindheit-heilen/
Chen Z, Birge RR. Protein-based artificial retinas. Trends Biotechnol. 1993 Jul;11(7):292-300. doi: 10.1016/0167-7799(93)90017-4. PMID: 7763952.
https://www.ophthalmologytimes.com/view/artificial-retina-engineered-from-ancient-protein-now-in-space

Phase-3 Studie zur Behandlung des Morbus Stargardt

Der Morbus Stargardt (MSt) wird durch das dysfunktionale ABCA4 Gen ausgelöst, wodurch es als Folge zu einer massiven Ansammlung toxischer Vitamin-A-Nebenprodukte in der Netzhaut kommt.
Derzeit gibt es keine zugelassenen Behandlungen für diese Erkrankung.

LBS-008 (Tinlarebant) wird in Tablettenform verabreicht und senkt als niedermolekularer Antagonist des Retinol-bindenden Proteins 4 (RBP4), der selektiv die Abgabe von Vitamin A (Retinol) an das Auge reduziert, die Akkumulation toxischer Vitamin-A-Nebenprodukte (Bisretinoide) in der Netzhaut. Diese wiederum, wie erwähnt, im Zusammenhang mit der Entwicklung eines Morbus Stargardt stehen.

Belite/USA führt derzeit eine 2-jährige Phase-2-Studie und eine 2-jährige Phase-3-Studie (DRAGON) mit LBS-008 bei jugendlichen MSt-Patienten durch.
Die Phase-2-Studie mit insgesamt 13 Probanden zeigt im ersten 6-Monats-Intervall, dass 8 der 13 Patienten (oder 61,5 %) eine Verbesserung der bestkorrigierten Sehschärfe in mindestens einem Auge, einschließlich 2 Patienten, die in beiden Augen eine Visusverbesserung erreichen konnten. Belite plant die nächste Datenauswertung dieser Phase-2-Studie im letzten Quartal 2022, wenn alle Probanden die 12-monatige Behandlung abgeschlossen haben.
Im Juli 2022 wurde bei der FDA ein Investigational New Drug -Antrag zur Einleitung der DRAGON-Studie in den USA eingereicht.
Die DRAGON-Studie ist eine 2-jährige, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte, globale Multi-Center-Studie zur Bewertung der Sicherheit und Wirksamkeit von LBS-008 bei jugendlichen MSt-Patienten. Die DRAGON-Studie hat bereits in den USA, Großbritannien, Deutschland, Belgien, der Schweiz, Hongkong, Taiwan und Australien begonnen und Patienten rekrutiert.
Die Akkumulation von toxischen Bisretinoiden wird darüber hinaus auch mit Entwicklung der trockenen AMD in Verbindung gebracht, sodass Belite LBS-008 auch als potenziell Behandlungsoption der AMD einschätzt.
Deshalb startet im 4. Quartal 2022 eine erste klinische Phase-2/3-Studie für trockene AMD.

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https://www.kofam.ch/de/studienportal/nach-klinischen-versuchen-suchen/studie/58575https://www.globenewswire.com/en/news-release/2022/07/19/2482265/0/en/Belite-Bio-Submits-Investigational-New-Drug-IND-Application-to-FDA-for-Approval-to-Proceed-with-LBS-008-Phase-3-Clinical-Trial-for-the-Treatment-of-Stargardt-Disease.htmld

Myopieprogressionskontrolle mit Diffusionsoptik-Brillengläsern: 12-Monats-Ergebnisse

Grundlage dieser Studie ist nach Beobachtungen an Hochkurzsichtigen die Hypothese, dass Umweltfaktoren, die einen abnormalen Kontrast zwischen benachbarten Zapfen erzeugen, als Trigger für eine axiale Verlängerung und Entwicklung einer Myopie verantwortlich sind.
Untersucht wird in dieser Studie, ob Brillengläser mit einer Diffusionsoptiktechnologie (DOT), die den Netzhautkontrast modulieren sollen, indem sie geringere Signalunterschiede zwischen benachbarten Zapfen erzeugen, das Fortschreiten der Myopie bei Kindern wirksam verlangsamen können.
Die Studie „Control of Myopia Using Peripheral Diffusion Lenses Efficacy and Safety Study“ (CYPRESS, NCT03623074) ist eine 36-monatige, multizentrische, randomisierte, kontrollierte, doppelblinde Studie zur Bewertung von zwei Prüfbrillengläsern (unterschiedliche Diffusorendichte zur Lichtstreuung bzw. Kontrastreduktion) im Vergleich zu Kontrollgläsern.
256 kurzsichtige Kinder im Alter von 6–10 Jahren wurden 1:1:1 in zwei Testgruppen und eine Kontrollgruppe unterteilt.
Die primären Endpunkte sind die Änderung der axialen Länge und der sphärischen äquivalenten Refraktion gegenüber dem Ausgangswert.
Eine 12-monatige Zwischenanalyse der Daten aus der CYPRESS-Studie zeigte, dass beide Test-Brillengläser das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit im Vergleich zu Standard-Brillengläsern signifikant verlangsamten. Die Testgläser reduzierten die Progression des Brechungsfehlers gegenüber der Kontrolle um durchschnittlich –0,40 dpt bzw. –0,32 dpt für die Test-1 und -2, was einer 74-prozentigen Reduzierung der Myopie-Progression gegenüber der Kontrolle für die Testglas 1 entspricht und 59 % für das Testglas-2.
Beide Gläser zeigten auch eine signifikante Überlegenheit gegenüber den Standardbrillengläsern gemessen an der Änderung der axialen Länge.
Diese Ergebnisse stützen die Hypothese, dass eine Verringerung des Kontrasts das axiale Wachstum verlangsamen und das Fortschreiten der Kurzsichtigkeit verhindern kann.

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Rappon J, Chung C, Young G, et al
Control of myopia using diffusion optics spectacle lenses: 12-month results of a randomised controlled, efficacy and safety study (CYPRESS)
British Journal of Ophthalmology Published Online First: 01 September 2022. doi: 10.1136/bjo-2021-321005

Tablet-Perimetrie@home?

Neuere Tablets mit einer hohen räumlichen Auflösung, einem großen dynamischen Luminanzbereich und eine 8-Bit-Luminanzsteuerung machen immer feinere Untersuchungen möglich, sodass eine Tablet-basierte Perimetrie durchaus Potenzial hat, als kostengünstige, mobile Methode für das Glaukom-Screening eingesetzt zu werden.
Die erste kostenlose Anwendung für das perimetrische Screening für das iPad (Apple, Cupertino, CA) war die Anwendung Visual Field Easy (VFE) [https://itunes.apple.com/us/app/visualfields-easy/id495389227].
Es ist eine Anwendung, die nur den Kauf eines iPad erfordert.
Studien mit VFE haben gezeigt, dass nur moderate und fortgeschrittene Gesichtsfeldausfälle erkannt werden können.
Der „Visual Field Fast“ (VFF) (Leonard Yip, Apple App Store) ist kostenlos im Apple App Store erhältlich und läuft auf jedem iPad mit iOS 10.0 oder höher. VFF deckt denselben GF-Bereich ab wie die HFA 24–2-Bewertung.
Melbourne Rapid Field (MRF) (GLANCE Optical Ltd, Melbourne, Australien) ist eine iPad-basierte Anwendung, die von der FDA als Gerät der Klasse 1 zugelassen wurde. MRF ist eine verbesserte Schwellenversion des VFE, die von derselben Forschungsgruppe wie VFE entwickelt wurde.
Die MRF-Bewertung kann in zwei Modi durchgeführt werden, einem vollständigen Schwellentest und einem Screening-Test.
Die Peristat-Online-Perimetrie (POP) wurde erstmals im Jahr 2002 von zwei niedergelassenen Ärzten des Doheny Eye Institute (University of Southern California), Dr. Ianchulev und Dr. Peter Pham, entwickelt.
POP wird über die KYS-Telemedizinplattform (https://kysvision.com/peristat-test/) geliefert.
POP ermöglicht Perimetrietests von bis zu 24° VF bei horizontaler und 20° vertikaler Fixierung unter Verwendung von vier Stufen standardisierter Schwellenreize. POP-Tests werden bei gedimmtem Umgebungslicht und ohne direkte Lichtquellen über dem Bildschirm durchgeführt. Leider ist es nur noch für registrierte Praxen in den Vereinigten Staaten erhältlich.
Eyecatcher ist ein dynamisches Open-Source-Perimeter. Die Goldmann Size III-Stimuli werden auf einem Windows-Tablet-Computer (nicht auf dem iPad) angezeigt und die Augenbewegungen mit einem Tobii EyeX-Eyetracker (Tobii Technology, Stockholm, Schweden) aufgezeichnet. Dies ist ein kostengünstiger Fern-Eyetracker im nahen Infrarotbereich, der eine Genauigkeit von >0,6 Grad ermöglicht.

Die Tablet-Perimetrie hat nicht erst seit der COVID-Ära großes Interesse geweckt, da sie nicht nur im Wartezimmer, sondern auch bequem von zu Hause aus durchgeführt werden kann. Aktuell konzentrieren sich die Untersuchungen der Programme auf die Empfindlichkeit zur Glaukomerkennung, der Anwendungsfreundlichkeit und der Untersuchungszeit im Vergleich zu den Standardmethoden.

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Ichhpujani P, Dhillon H. Spotlight on iPad Visual Field Tests Efficacy. Clin Ophthalmol. 2022 Jul 5;16:2179-2185. doi: 10.2147/OPTH.S340508. PMID: 35818511; PMCID: PMC9270904.

Vitamin D und Uveitis

Vitamin D spielt sowohl im angeborenen als auch im adaptiven Immunsystem eine wichtige Rolle. In dieser Metaanalyse wurde in den Datenbanken PubMed und Medline eine Suche nach Artikeln zu Vitamin D und Uveitis durchgeführt.
16 Studien konnten als relevant identifiziert werden, die einen überzeugenden Bezug zwischen niedrigem Vitamin-D-Spiegel und dem Auftreten einer Uveitis herstellen konnten.
Folgende Uveitis-Entitäten werden eindeutig durch einen Vitamin-D-Mangel moduliert: HLA-B27-assoziierte akute anteriore Uveitis, Vogt-Koyanagi-Harada (VKH)-Krankheit, Sarkoidose-assoziierte Uveitis und juvenile idiopathische Arthritis-assoziierte Uveitis.
Darüber hinaus korrelieren spezifische Gen-Polymorphismen der Vitamin-D-Familie mit Uveitis bei ankylosierender Spondylitis, Morbus Behçet, VKH und HLA B27-positiven Patienten.
Ein zukünftig besseres Verständnis der Rolle von Vitamin D, als Regulator entzündlicher Prozesse, bei nicht-infektiöser Uveitis könnte somit therapeutische oder präventive Maßnahmen durch eine mögliche Vitamin-Substitution positiv beeinflussen.

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Pillar S, Amer R. The association between vitamin D and uveitis: A comprehensive review. Surv Ophthalmol. 2022 Mar-Apr;67(2):321-330. doi: 10.1016/j.survophthal.2021.07.006. Epub 2021 Jul 31. PMID: 34343538.

Negative Dysphotopsie

Hängt die negative Dysphotopsie mit der Ausrichtung der optisch-haptischen Verbindung der IOL im Kapselsack zusammen?

Seit Jahren geistert die sogenannte negative Dysphotopsie als Begriff durch die Welt der Kataraktchirurgie. Dabei handelt es sich um einen temporal gelegenen Schatten, der von Patienten nach unkomplizierter Kataraktoperation als irritierend angegeben wird. Es werden verschiedene optische Ursachen diskutiert, die dieses Phänomen auslösen können.
In dieser kleinen, prospektiv randomisierten Studie wurde bei 163 Patienten in 326 Augen eine monofokale Tecnis-IOL (ZCB00) (Johnson & Johnson Vision) in unterschiedlicher Ausrichtung implantiert: vertikale Ausrichtung der optisch-haptischen Verbindung bei 82 Augen (25,2 %), horizontal bei 72 Augen (22,1 %), superonasal bei 94 Augen (28,8 %) und inferonasal bei 78 Augen (23,9 %).
Patienten mit bekannten Gesichtsfelddefekten oder bestkorrigierter Sehschärfe von weniger als 20/80 wurden ausgeschlossen.
Die Patienten wurden 1 Woche und 4–6 Wochen nach der Operation auf positive und negative Dysphotopsiesymptome befragt.

Es wurden signifikante Unterschiede in der Inzidenz negativer Dysphotopsie 1 Woche postoperativ (p = 0,019) und 4-6 Wochen postoperativ (p = 0,002) zwischen den Ausrichtungen festgestellt: Die Patienten in der superonasalen Gruppe hatten in beiden Zeiträumen das schlechteste Ergebnis, und die horizontale Gruppe hatte das beste Ergebnis nach 4-6 Wochen. Es wurden keine Unterschiede in Bezug auf die Inzidenz oder den Schweregrad von positiver Dysphotopsie, die eine helle Irritation an gleicher Stelle auslöst, festgestellt.

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Pamulapati SV, Saeed JM, Pompey N, Gomez KD, Vakharia MR. Randomized Controlled Trial of Intraocular Lens Orientation for Dysphotopsia. Am J Ophthalmol. 2022 Jul 6;243:28-33. doi: 10.1016/j.ajo.2022.06.018. Epub ahead of print. PMID: 35809658.

Erste Roboter unterstützte subretinale Injektion bei Menschen in Lokalanästhesie

Bei 12 Patienten mit akuter subfovealer Blutung bei exsudativer AMD wurde eine Standard Vitrektomie und dann durch intraoperative OCT gesteuerte subretinale Injektion mit TPA durchgeführt.
Bei 6 Patienten wurde ein Teil des operativen Verfahrens Roboter-assistiert unterstützt: das Vorschieben der Kanüle durch die Netzhaut und deren Stabilisierung während der pedal gesteuerten Injektion von bis zu 100 µl TPA-Lösung.
Ausgewertet wurde der chirurgische Erfolg, die Dauer der Operation, unerwünschte Ereignisse und die Verträglichkeit.
In allen 12 Fällen wurde das Verfahren sicher durchgeführt und gut vertragen.
Bei der Dauer der Operation, dem Ausmaß des retinalen Mikrotraumas, der Verlagerung der Blutung und dem durchschnittlichen Visusanstieg gab es in den beiden Gruppen (bis auf eine Ausnahme) keine signifikanten Unterschiede.
Diese erste kleine Studie am Menschen demonstriert die Durchführbarkeit bei gleichzeitiger Sicherheit einer hochpräzisen, robotergestützten, subretinalen Arzneimittelabgabe als Teil der chirurgischen Behandlung submakulärer Blutungen. Und somit ist auch eine mögliche zukünftige Anwendung in der Gen- oder Zelltherapie denkbar.

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Cehajic-Kapetanovic J, Xue K, Edwards TL, Meenink TC, Beelen MJ, Naus GJ, de Smet MD, MacLaren RE. First-in-Human Robot-Assisted Subretinal Drug Delivery Under Local Anesthesia. Am J Ophthalmol. 2022 May;237:104-113.

Die Blaulichtgefahr versus Blaulicht-Hype

Die sogenannte „Blaulichtgefahr“ ist das Ergebnis experimenteller Befunde, die den Blauanteil des Lichtes bei kurzzeitiger intensiver Exposition als hochgradig toxisch für die Netzhaut nachgewiesen haben.
Dieser Begriff wird mittlerweile kommerziell dahingehend missbraucht, dass selbst Umgebungslicht phototoxische Schäden der Netzhaut verursachen soll, und zum Beispiel zu einer altersbedingten Makuladegeneration (AMD) führt.
In dieser perspektiven Studie werden epidemiologische und biophysikalische Daten zu blaufilternden optischen Chromophoren auf diese Fragestellung untersucht.
Große epidemiologische Studien bleiben nach wie vor den Beweis schuldig, dass Blaulicht-blockende Intraokularlinsen (IOLs) das AMD-Risiko oder -Fortschreiten verringern.
Brillengläser mit Blaulichtfiltern können die Blendung durch Behinderung nicht reduzieren, da die Bild- und Blendungsbeleuchtung im gleichen Verhältnis verringert werden.
Der Blaulichtanteil im Licht, der für eine optimale photorezeptive Funktion von Stäbchen und retinalen Ganglienzellen unerlässlich ist, wird durch fortschreitende altersbedingte Trübung der Augenlinse, Pupillenmiosis und Degeneration von Stäbchen und retinalen Ganglien-Photorezeptoren auf natürliche Weise verringert.
Somit nimmt die tägliche Exposition durch blaues Licht bei älteren Erwachsenen automatisch ab, insbesondere bei Frauen.
Die „Gefahr durch blaues Licht“ wird als Marketingstrategie missbraucht, spezielle Brillengläser und IOLs zu auf dem Markt unterzubringen. Blaulichtblockade bei Pseudophaken mit entsprechenden Filtern in IOLs ist permanent und somit nicht steuerbar. Blaufilternde Chromophore reduzieren dauerhaft die Aufnahme von Blaulicht, das für eine gute geistige und körperliche Gesundheit (z.B. durch Bildung von Melanopsin durch die ipGCR, das die Melatoninausschüttung in der Zirbeldrüse regelt) und für ein optimales skotopisches und mesopisches Sehen mitverantwortlich ist.

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Mainster MA, Findl O, Dick HB, Desmettre T, Ledesma-Gil G, Curcio CA, Turner PL. The Blue Light Hazard Versus Blue Light Hype. Am J Ophthalmol. 2022 Feb 25;240:51-57

Risikofaktoren für schwere Blutungen als Komplikation bei Glaukomoperationen.

Welche Rolle spielen dabei Thrombozytenaggregationshemmer und Blutverdünner?

Intra- und postoperative Blutungen können insbesondere bei Glaukomoperationen zu schweren Nebenwirkungen und bis zum Versagen der Operation führen. So stellt sich immer häufiger die Frage, wie Patienten, die antikoagulative oder Thrombozyten aggregationshemmende Medikamente (AC und AP) einnehmen, für eine Glaukomoperation vorbereitet werden sollen. Bisher gibt es dafür keine Standardrichtlinien.
In dieser kleinen prospektiven Studie wurde 89 Patienten bezüglich dieser Frage vor Trabekulektomie, Trabekulotomie (mit Trabectom® oder Kahook Dual Blade®), Viskokanaloplastik und Ahmed- oder Baerveldt-Implantaten) eingeschlossen.
Wie eine von den Autoren angeführte Parallelstudie zur vitreoretinalen Chirurgie mit derselben Fragestellung konnte auch hier keine signifikante Wirkung von AP- oder AC-Mitteln auf intraoperative Blutungen nachgewiesen werden.
Doch wurden anamnestisch bekannte tiefe Venenthrombosen, eine periphere arterielle Verschlusskrankheit, sowie die Viskokanaloplastik und Trabekulektomie als Risikofaktoren für schwere Blutungsereignisse identifiziert.
Die Autoren schlagen die Durchführung einer hochaussagekräftigen Studie zur Klärung dieser relevanten Fragestellung vor.

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Lauermann P, Klingelhöfer A, Mielke D, Bahlmann D, Hoerauf H, Koscielny J, Sucker C, Feltgen N, van Oterendorp C. Risk Factors for Severe Bleeding Complications in Glaucoma Surgery and the Role of Antiplatelet or Anticoagulant Agents. Clin Ophthalmol. 2022 Apr 22;16:1245-1254.

Referenzkarte von 5 RPE-Subpopulationen der menschlichen Netzhaut erstellt

Grundlage dieser Forschungsarbeit ist die Hypothese, dass regionale phänotypische und funktionelle Unterschiede des retinalen Pigmentepithels (RPE) mit Netzhauterkrankungen wie der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) und anderen korrelieren.
Diese Arbeit liefert eine Referenzkarte menschlicher RPE-Subpopulationen und ihrer Lokalisation, wobei 5 konzentrisch angelegte RPE-Subtypen in der Netzhaut identifiziert werden konnten.
Untersucht wurden 17 gesunde Spenderaugen ohne bekannte Netzhauterkrankung und 5 Augen mit bekannter AMD.
Um diese detaillierte, morphometrische RPE-Karte des menschlichen Auges erstellen zu können, wurde eine auf künstlicher Intelligenz basierende Software darauf trainiert, RPE-Grenzen zu erkennen, zu segmentieren und zu analysieren.
Der maschinelle Lernalgorithmus für REShaPE wurde mit Bildern von 12.750 handsegmentierten RPE-Zellen trainiert, was zu einer Genauigkeit von 90 % für die Erkennung spezifischer Merkmale RPE-Zellen führte.
Unter anderem wurden spezifische RPE-Subpopulationen als «anfällig» identifiziert, die bei verschiedenen monogentischen und polygenetischen Netzhauterkrankungen spezifische Betroffen- und Anfälligkeitsmuster aufweisen können.
Diese erstmalig erstellte Referenzkartierung des RPE mit seinen Subpopulationen kann die Grundlage für weitere Untersuchungen molekularer und funktioneller RPE-Unterschiede bilden und womöglich zur Entwicklung präziser Zell- und Gentherapien für degenerative Netzhauterkrankungen beitragen.

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Ortolan D, Sharma R, Volkov A, Maminishkis A, Hotaling NA, Huryn LA, Cukras C, Di Marco S, Bisti S, Bharti K. Single-cell-resolution map of human retinal pigment epithelium helps discover subpopulations with differential disease sensitivity. Proc Natl Acad Sci U S A. 2022 May 10;119(19)

Der Anfang vom Ende der Cataract-Chirurgie?

Ein dicht gepacktes Konglomerat aus kristallinen Proteinen sorgt für die optische Klarheit und den einzigartigen Brechungsindex des Linsengewebes. Die menschliche Linse hat nur eine begrenzte Kapazität zur Synthese neuer Proteine. Die Jahrzehnte lange Linsentransparenz wird teilweise durch aB-Crystallin (cryAB) ermöglicht, ein Chaperon, das die Proteinstabilität aufrechterhält.
Altersbedingte Schäden oder Mutationen der Linsen-Chaperonproteine ​​αA- und αB-Kristallin führen zu deren Destabilisierung und Aggregation, die in einer Kataraktbildung gipfeln.
Vor einigen Jahren wurde VP1-001 identifiziert, ein Oxysterol, das die cryAB-Aggregation begrenzen kann.
35 Mäuse (Wildtyp und genmanipulierte Cryaa-R49C und Cryab-R120G-Typen) wurden 2 Wochen lang 3x/Woche mit topischem VP1-001 in einem Auge und einem Vehikel im anderen behandelt und neun Mäuse bildeten die unbehandelte Kontrollgruppe.
Ziel der Studie war es zu messen, wie Katarakt-bedingende Mutationen eine Katarakt entwickeln und ob die Behandlung mit einer VP1-001 Auswirkungen auf die Optik und Transparenz der Linse hat.
Erstens konnte in dieser Studie gemessen werden, dass verschiedene α-Kristallin-Mutationen den Brechungsindexgradienten der Linsen auf unterschiedliche Weise verändern und auch unterschiedlich auf die Therapie reagierten.
Die Ergebnisse der Behandlungsgruppe mit VP1-001 zeigte jedoch eine Verbesserung der Brechungsindexprofile bei 61 % der Linsen, und dieses Ergebnis wurde durch eine messbare Reduktion des Linsentrübungsgrades der Linsentrübung um 1,0 bei 46 % der lebenden Mäuse unterstützt.

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Wang K, Hoshino M, Uesugi K, Yagi N, Pierscionek BK, Andley UP. Oxysterol Compounds in Mouse Mutant αA- and αB-Crystallin Lenses Can Improve the Optical Properties of the Lens. Invest Ophthalmol Vis Sci. 2022 May 2;63(5):15. doi: 10.1167/iovs.63.5.15. PMID: 35575904; PMCID: PMC9123516.

Die Netzhaut als Fenster zur Diagnose des Morbus Alzheimer?

Studien bei Alzheimer-Patienten und gen-manipulierten Alzheimer-Mäusen haben Pathologien in der Netzhaut gezeigt, die denen im Gehirn ähnlich sind.
In dieser Meta-Analyse aktueller Studien wird erörtert, ob ein nicht invasives Verfahren wie die Optische Kohärenztomographie oder die OCT-A für die Diagnose der Alzheimerschen Erkrankungen genutzt werden kann.
Es konnten 3 Hauptargumente dafür extrapoliert werden:
1.In Ex-vivo- und In-vivo-Studien an AD-Mäusen und AD-Patienten treten folgende parallele Veränderungen auf: Ablagerungen von Aβ und Tau, neurale Degeneration, vaskuläre Ausdünnung und Mikroglia-Aktivierung.
2. Das Gehirn als komplexes Netzwerk ist nicht so einfach zu zugänglich wie die Netzhaut. Aufgrund ihrer im Vergleich relativ einfachen und transparenten Struktur ist die Netzhaut mit nicht-invasiven, hochauflösenden Diagnose-tools wie der OCT schnell und einfach zu untersuchen.
3. Netzhautpathologien können vor Hirnpathologien erkannt werden, was die Chance bieten könnte, die Diagnose Alzheimer früher als bisher stellen zu können.
Problematisch ist, dass andere Netzhauterkrankungen bei älteren Menschen, besonders die altersbedingte Makuladegeneration und Glaukom, bestimmte Manifestationen im OCT aufweisen, die denen der Alzheimer Erkrankung ähnlich oder gemeinsam sind.
Zukünftige Studien sollten daher darauf abzielen, spezifische retinale Biomarker bei der Alzheimer Erkrankung definieren zu können, um eine frühe Diagnose mit einer hohen Sensivität und Spezifität ermöglichen zu können.

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Zhang J, Shi L, Shen Y. The retina: A window in which to view the pathogenesis of Alzheimer’s disease. Ageing Res Rev. 2022 May;77:101590. doi: 10.1016/j.arr.2022.101590. Epub 2022 Feb 19. PMID: 35192959.

Kombinierte transepitheliale PTK und topografiegesteuerte PRK zur Behandlung von traumatisch bedingten Hornhautnarben

Hornhautnarben können die Sehleistung stark beeinträchtigen und sind zudem in der Korrektur der entstehenden Fehlsichtigkeit eine echte Herausforderung.

In dieser retrospektive, interventionellen Studie wurden 4 Augen von 4 Patienten eingeschlossen, die eine posttraumatische Hornhautnarbe und irreguläre Oberfläche entwickelten.

Diese wurden zwischen 2017 und 2020 mit einer topografiegesteuerten photorefraktiven Keratektomie (TG-PRK) behandelt.

Im Gegensatz zu konventionellen refraktiven Verfahren ist die TG-PRK nicht auf eine regelmässige optische Oberfläche oder Aberrometrie angewiesen. Bei der topografiegesteuerten Methode wird die Hornhautoberfläche mittels Placido-Scheibe abgebildet, und die Hornhautvorderfläche dient als Grundlage für die refraktive Behandlung.

Mit diesem minimal invasivem Verfahren kann die Hornhautoberfläche geglättet sowie die Hornhautvernarbung, reduziert oder sogar entfernt werden. Idealerweise kann auch die Refraktion des Auges korrigiert werden.

Die Hauptzielgrößen waren der unkorrigierte und bestkorrigierte Fernvisus, die manifeste Refraktion und die korneale Regularität durch topografische Aufnahmen. Das mittlere Alter betrug 34,75 ± 15,39 Jahre und die Nachbeobachtungszeit 6 Monate bei allen Patienten.

In 3 Fällen wurde die volle subjektive Refraktion in einer Sitzung korrigiert. Ein Patient hatte eine Fehlsichtigkeit von +0,5 dpt. In diesem Fall wurde nur eine Glättung ohne zusätzliche Korrektur der Refraktion durchgeführt. Alle 4 Patienten zeigten eine Verbesserung des unkorrigierten (2 bis 3 Zeilen) und korrigierten (3 Zeilen) Fernvisus. Es traten keine Komplikationen während und nach den Behandlungen auf, und es kam bei keinem Fall zu einer Reduktion der Sehschärfe.

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Kaiser KP, Wissiak E, Müller T, Daas L, El-Shabrawi Y, Ardjomand N. Kombinierte transepitheliale PTK und topografiegesteuerte PRK zur Behandlung von traumatisch bedingten Hornhautnarben [Combined transepithelial PTK and topography-guided PRK for treatment of trauma-related corneal scarring]. Ophthalmologe. 2022 Mar;119(3):250-257. German. doi: 10.1007/s00347-021-01480-8. Epub 2021 Aug 25. PMID: 34432117.

Beurteilung der mikrovaskulären Struktur bei Poppers-Makulopathie

Der Begriff „Poppers“ beschreibt Medikamente, die zu den flüchtigen Alkylnitriten gehören und durch Inhalation von Dampf konsumiert werden. Es kann Erregung, Euphorie und Muskelentspannung auslösen. Die Poppers-Makulopathie (PMP) bezieht sich auf die funktionelle Beeinträchtigung des zentralen Sehens und ihre strukturelle Manifestation als foveale Veränderung der äußeren Netzhautarchitektur.

Die der PMP zugrunde liegende Pathogenese ist noch unbekannt. Im Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland (UK) waren 10 % der Bevölkerung Poppers ausgesetzt, wobei der Konsum in Clubs und bei homosexuellen Männern höher war. Poppers Konsumenten in UK berichteten 2015 in 2,2 % über konsumbedingte Sehstörungen, weitere 10 % beschrieben eine mögliche Auswirkung der Verwendung von Poppers auf ihr Sehvermögen.

Diese Studie wurde als retrospektive Überprüfung von OCTA-Daten konzipiert, die bei Patienten mit PMP erhoben wurden.

Bei den 11 Patienten, die sich einer OCTA-Bildgebung unterzogen, wurden in der qualitativen und quantitativen OCTA-Analyse keine vaskulären Anomalien gefunden.

In der OCT-Bildgebung konnten zwei unterschiedliche Arten von Läsionen beobachtet werden, der ellipsoide Zonentyp und der vitelliforme Typ. Obwohl in einer überwiegenden Anzahl der dokumentierten Fälle eine strukturelle Verbesserung beobachtet wurde, blieb die funktionelle Beeinträchtigung in zwei Fällen bestehen, was auf anhaltende Schäden trotz Absetzens von Poppers hinweist. Unter Berücksichtigung des jungen Durchschnittsalters von Patienten mit PMP sollte vor möglichen Langzeitfolgen von Poppers gewarnt werden.

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Hamann T, Wiest MRJ, Brinkmann M, Toro M, Fasler K, Baur J, Freund KB, Zweifel S. Assessment of the microvasculature in poppers maculopathy. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol. 2022 Apr;260(4):1299-1306. doi: 10.1007/s00417-021-05453-0. Epub 2021 Nov 20. PMID: 34800139; PMCID: PMC8913571.

Sicherheit und Wirksamkeit von Gentherapien bei monogenetischen Netzhaut- und Sehnervenerkrankungen

Ein systemisches Review

Dazu wurde im Februar 2021 eine umfassende Literaturrecherche für klinische Studien durchgeführt. Insgesamt wurden 47 Volltextpublikationen, 50 Konferenzabstracts und 54 Registereinträge für klinische Studien, die DNA-basierte okulare Gentherapie-Verfahren für 16 verschiedene genetische Varianten beschreiben, identifiziert. Zusammenfassungen der Studien und Darstellungen der Sicherheits- und Wirksamkeitsergebnisse wurden weiterhin für 20 Volltextpublikationen zu RPE65-vermittelten Netzhautdystrophien, Chorioderemie, LHON, Stäbchen-Zapfen-Dystrophie, Achromatopsie und x-chromosomaler Retinoschisis veröffentlicht.
Die häufigsten unerwünschten Ereignissen standen in Zusammenhang mit Auffälligkeiten des Lides, der Augenoberfläche, sowie der Hornhaut in Studien zur subretinalen Gentherapie beziehungsweise mit einer Uveitis anterior in Studien zur intravitrealen Gentherapie.
Es gibt ein hohes Maß an Variabilität in okulären monogenen Gentherapiestudien in Bezug auf das Studiendesign, die statistische Methodik und die Berichterstattung über Sicherheits- und Wirksamkeitsergebnisse.

Ziel des Review soll es sein, Zugänglichkeit und Transparenz bisheriger Gentherapiestudien zu verbessern.

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Britten-Jones AC, Jin R, Gocuk SA, Cichello E, O’Hare F, Hickey DG, Edwards TL, Ayton LN. The safety and efficacy of gene therapy treatment for monogenic retinal and optic nerve diseases: A systematic review. Genet Med. 2022 Mar;24(3):521-534

Ein Überblick über Smartphone-Apps für die Berechnung und Ausrichtung torischer Intraokularlinsen

Smartphone-Apps werden in der Augenheilkunde immer beliebter. Ein spezifischer Anwendungsbereich ist die Kataraktchirurgie mit torischen Intraokularlinsen (IOL) zur Korrektur einer Hornhautverkrümmung.
Ziel dieser Analyse ist es, Smartphone-Apps zu identifizieren, zu überprüfen und objektiv zu bewerten, die für die Berechnung der torischen IOL und/oder die Achsenausrichtung geeignet sind. Diese Überprüfung wurde in drei Phasen unterteilt, welche in in vier großen App-Datenbanken durchgeführt wurde (Phase I): National Health Service (NHS) Apps Library, Google Play Store, Apple App Store und Amazon Appstore. Dann wurde in Phase II eine systematische Literaturrecherche durchgeführt, um Studien für eingeschlossene Apps in Phase I unserer Studie zu identifizieren. Die eingeschlossenen Apps wurden von drei unabhängigen Gutachtern mit der Mobile App Rating Scale (MARS) objektiv bewertet (Phase III), einem validierten Tool, das die Qualität mobiler Gesundheits-Apps anhand eines berechneten Mittelwerts der App-Qualität (MAQ) bewertet. In Phase I der Studie wurden 2428 Smartphone-Apps gescreent, von denen sechs Apps für die torische IOL-Berechnung und vier Apps für die Achsenmarkierung geeignet waren und für die quantitative Analyse ausgewählt wurden. In Phase II wurden 477 Studien von PubMed, Medline und Google Scholar gescreent. Es wurden drei Studien identifiziert, in denen zwei Apps (toriCAM, iToric Patwardhan) in einem klinischen Umfeld als zusätzliche Tools für die präoperative Achsenmarkierung validiert wurden. Die Überprüfung identifizierte und bewertete objektiv zehn Smartphone-Apps, die als torische IOL-Operationshilfsmittel verfügbar sind. Phase III stufte Toric Calculator for iPhone (Apple iOS, MAQ 4,13; durchschnittlicher MAQ 3,34 ± 0,54) als den am besten bewerteten torischen IOL-Rechner ein, und iToric Patwardhan (Android OS, MAQ 4,13; durchschnittlicher MAQ 3,41 ± 0,44) war der am besten bewertete Achsenmarker in der Studie. Die aktuelle, wenn auch begrenzte Literatur deutet darauf hin, dass Smartphone-Apps zur Achsenmarkierung im Vergleich zu digitalen Systemen ein ähnliches Maß an Astigmatismusreduktion erreichen können.

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Scantling-Birch Y, Naveed H, Mukhija R, Nanavaty MA. A Review of Smartphone Apps Used for Toric Intraocular Lens Calculation and Alignment. Vision (Basel). 2022 Feb 18;6(1):13.

Weniger Augenverletzungen durch Verkaufsverbot von Feuerwerkskörpern 

Erhebungen zufolge kam es zu den Jahreswechseln 2016/2017 bis 2019/2020 zu jeweils etwa 500 Fällen von Augenverletzungen durch Feuerwerkskörper. 25 % der Betroffenen erlitten demnach so schwere Schäden, dass sie stationär versorgt werden mussten.
Durch das Verkaufsverbot für Silvesterfeuerwerk hat es laut einer Umfrage der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft an 75 Kliniken zufolge vor einem Jahr 80 Prozent weniger Augenverletzungen gegeben. Unbeteiligte, Kinder und Jugendliche, traf es besonders häufig. Der Anteil der Minderjährigen betrug bis zu 40 Prozent, obwohl sie kaum 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Bei 40 Prozent der Verletzen ist den Angaben zufolge ein dauerhafter Sehbeeinträchtigung zu erwarten. Durch das Böllerverbot sank die Verletztenzahl in den Augenkliniken drastisch auf 79 ab. Zugleich fiel der Anteil der verletzten Minderjährigen auf 25 Prozent.
Augenärzte sprechen sich nun dafür aus, privates künftig durch gemeinschaftliches, professionell organisiertes Feuerwerk zu ersetzen, um schwere Augenschäden zu verhindern.

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https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/129768/Boellerverkaufsverbot-fuehrt-zu-weniger-Augenverletzungen

Augenkomplikationen nach Impfung gegen COVID-19

Eine Retrospektive nach einem Jahr

Etwa ein Jahr nach dem Impfstart gegen Covid-19 wurde in einer beträchtlichen Anzahl von Berichten und retrospektiven Fallstudien über mögliche Nebenwirkungen berichtet. In dieser Übersicht versuchen die Autoren, eine Beschreibung dieser Ergebnisse auf der Grundlage einer umfassenden Übersicht und statistischen Analyse der Literatur bereitzustellen. Von den 58 eingeschlossenen Studien waren 28 (48,3 %) Fallberichte, 5 (8,6 %) Fallserien, 22 (37,9 %) Leserbriefe und 3 (5,2 %) Foto Aufsätze. Insgesamt wurden 94 Patienten eingeschlossen (Durchschnittsalter von 90 Patienten mit Altersangabe: 46,9 ± 18,4 Jahre.) Von 91 Patienten mit dokumentiertem Geschlecht waren 50 (54,9 %) Frauen und 41 (45,1 %) Männer.
Von den 87 Fällen, in denen Impfstoffinformationen vorlagen, wurde BNT 162b2 mRNA SARS-CoV-2 (BioNTech/Pfizer, Mainz, Deutschland) 55 Mal (63,2 %) gemeldet, AZD1222 ChAdO×1 nCoV-19 (AstraZeneca, Cambridge, UK, auch als Impfstoff des CoviShield Serum Institute of India vermarktet) 20 Mal (22,9 %), Moderna COVID-19 Vaccine (ModernaTX, Inc., Cambridge, MA, USA) 6 Mal (6,9 %), BBIBP-CorV ( Sinopharm, Peking, China) 3 Mal (3,4 %), Corona Vac (Sinovac Biotech Ltd., Peking, China) 2 Mal (2,3 %) und Gam-COVID-Vac/Sputnik V (Gamaleya Institute, Moskau , Russland) einmal (1,1 %).
81 Mal angegeben, nach der wievielten Impfung unerwünschte Nebenwirkungen auftraten: 45 (55,6 %) Fälle nach der ersten Dosis, 35 (43,2 %) nach der zweiten und einer (1,2 %) nach einer 3. Dosis (Auffrischimpfung).

In der Literaturrecherche wurden zahlreiche ophthalmologische Nebenwirkungen nach der COVID-19-Impfung gefunden. In erster Linie werden hier Mechanismen und klinische Überlegungen für Phänomene, die mehrfach aufgetreten sind, diskutiert.

Augenlid: Von den 2 Berichten (6 Patienten) waren 5 von 6 Patienten (83,3 %) weiblich und das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Präsentation des bilateralen Oberlidödems betrug 48,7 ± 13,5 Jahre [17,18]. In allen Fällen lösten sich die Beschwerden innerhalb von etwa zwei Wochen auf.

Orbita: Insgesamt drei Berichte (3 Patienten, 4 Augen) kommentieren orbitale Manifestationen: Obere Augenvenenthrombose bei nachgewiesener sekundärer Immunthrombozytopenie und Tolosa-Hunt-Syndrom.

Hornhaut: In 11 Berichten (15 Patienten, 18 Augen) werden Hornhautmanifestationen nach Impfung gegen COVID-19 beschrieben. Von diesen 15 Patienten waren 9 (66,7 %) weiblich und 6 (33,3 %) männlich. Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Vorstellung betrug 61,33 ± 15,5 Jahre, und die durchschnittliche Zeit von der Impfung bis zum Auftreten von Augensymptomen betrug 11,8 ± 6,2 Tage. Häufigst beschrieben wurde eine Transplantatabstoßung.

Uveitis: Angesichts der starken Assoziation zwischen Uveitis und immunologischen Phänomenen ist ein Zusammenhang zwischen der Impfung gegen COVID-19 und Uveitis zu erwarten. In 14 Uveitis-Berichten wurden 34 Patienten (44 Augen) gemeldet. Es handelt sich dabei sowohl um neue aufgetretene Uveitiden wie auch ein Wiederaufflackern präexistenter Krankheitsbilder. Bei den 34 Patienten betrug die durchschnittliche Zeit von der Impfung bis zur Entwicklung von Augensymptomen 8,0 ± 8,6 Tage

Netzhaut: In 12 Berichten (14 Patienten, 19 Augen) werden retinale Manifestationen nach Impfung gegen COVID-19 beschrieben: Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Vorstellung betrug 24,8 ± 4,8 Jahre, und die durchschnittliche Zeit von der Impfung bis zur Entwicklung ophthalmologischer Symptome betrug 3,1 ± 2,4 Tage. Am häufigsten wurde eine akute makuläre Neuroretinopathie beschrieben (AMN).

Netzhautgefäßerkrankungen: Es liegen diesbezüglich 4 Berichte mit retinalen Venenthrombosen (CRVO, BRVO, HRVO) vor (5 Patienten, 6 Augen). Von diesen 5 Patienten waren 4 (80,0 %) männlich und 1 (20,0 %) weiblich. Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Vorstellung betrug 54,6 ± 18,1 Jahre, und die durchschnittliche Zeit von der Impfung bis zur Entwicklung der Augensymptome betrug 5,4 ± 6,6 Tage.

Neuroophthalmologie: Bei den 4 Berichten (5 Patienten, 8 Augen) waren alle 5 Patienten weiblich. Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Vorstellung betrug 48,0 ± 21,5 Jahre, und die durchschnittliche Zeit von der Impfung bis zur Entwicklung der Augensymptome betrug 8,6 ± 8,3 Tage. Die Mehrheit der Berichte befasst sich mit dem Auftreten einer Optikusneuritis.

Augenmotilitätsstörungen: Zu Lähmungen der Augenmuskeln nach Impfung gegen Covid-19 liegen 7 Berichte (9 Patienten (6 männlich, 3 weiblich), 10 Augen) vor. Das Durchschnittsalter betrug 45.3 +/-18.7 Jahre. Die durchschnittliche Dauer von der Impfung bis zum Auftreten der Symptome 8.8 +/- 9.4 Tage.

Die Autoren weisen auf folgende Schwächen dieser Meta-Analyse hin: es handelt sich nur um eine retrospektive Analyse und nicht um eine Kohortenstudie. Zudem kann die kausale Verknüpfung der aufgetretenen, unerwünschten Symptome nur aufgrund der zeitlich nahen Verknüpfung mit der Covid-Impfung nicht sicher hergeleitet werden. Es kann sich auch um zufällige Konstellationen, ohne Zusammenhang handeln.

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Haseeb AA, Solyman O, Abushanab MM, Abo Obaia AS, Elhusseiny AM. Ocular Complications Following Vaccination for COVID-19: A One-Year Retrospective. Vaccines (Basel). 2022 Feb 21;10(2):342.

 

Risikofaktoren für das Versagen einer Tubus-Shunt-Operation bei Glaukom

Eine gepoolte Datenanalyse

In dieser Analyse wurden Informationen von 3 prospektiven, multizentrischen, randomisierten, klinischen Studien gepoolt. Ziel war es, mögliche Risikofaktoren, die zum Versagen einer Glaukomimplantatoperation (Shunt mit Tubus) führen könnten, zu identifizieren.
621 Patienten mit medikamentös unkontrolliertem Glaukom wurden eingeschlossen, darunter 276 Patienten aus der Ahmed-Baerveldt-Vergleichsstudie, 238 Patienten aus der Ahmed-Versus-Baerveldt-Studie und 107 Patienten aus der Tube-gruppe der Tube-Versus-Trabekulektomie-Studie. Die Patienten wurden randomisiert einer Behandlung mit einem Ahmed-Glaukomventil (Modell FP7) oder einem Baerveldt-Glaukomimplantat (Modell 101-350) zugeteilt.

Als primärer Endpunkt wurde folgendes festgelegt: die Rate des chirurgischen Misserfolgs, definiert als Augeninnendruck (IOD) > 21 mmHg oder reduziert um < 20 % vom Ausgangswert, IOD ≤ 5 mmHg, Verlust der Lichtwahrnehmung, Reoperation wegen Glaukom oder Entfernung des Implantats.
Die kumulative Wahrscheinlichkeit zum Versagen eines Implantates betrug nach 5 Jahren 38,3 %.

In multivariablen Analysen ergaben sich folgende Baseline-Faktoren, die ein Versagen des OP-Verfahrens vorhersagten:

  • präoperativer IOD (≤ 21 mmHg im Vergleich zu IOD > 21 und ≤ 25 mmHg; Hazard Ratio (HR) = 2,34; 95 % Konfidenzintervall (KI) = 1,52–3,61; p < 0,001),
  • neovaskuläres Glaukom (HR = 1,79; 95 % KI = 1,28–2,52; p = 0,001),
  • randomisierte Behandlung (für Ahmed-Valve; HR = 1,36; 95 % KI = 1,04–1,78; p = 0,025) und
  • Alter (für 10 Jahre Altersrückgang; HR = 1,19; 95 % KI = 1,09-1,31; p < 0,001).

Also: Niedrigerer präoperativer IOD, neovaskuläres Glaukom, Ahmed-Implantation und jüngeres Alter der Patienten waren Prädiktoren für ein Versagen.
Diese Studie liefert den größten bisher prospektiv erhobenen Datensatz zur Tubus-Shunt-Chirurgie.

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Bowden EC, Choudhury A, Gedde SJ, Feuer WJ, Christakis PG, Savatovsky E, Han Y, Ahmed IIK, Budenz DL; ABC, AVB, and TVT Study Groups. Risk Factors for Failure of Tube Shunt Surgery: A Pooled Data Analysis. Am J Ophthalmol. 2022 Mar 11:S0002-9394(22)00094-0.